Süßer Wein, Psalmgesänge, festliches Essen – Shabbat Shalom! Stimmungsvoller hätten wir uns den Start unserer zehntägigen Israelreise  im Herbst 2016 nicht vorstellen können. Die ersten beiden Tage waren dann einem intensiven Kennenlernen der Heiligen Stadt gewidmet. Relevante Punkte aus der Zeit Jesu, die Altstadt von Jerusalem lernten wir bei einem ausgedehnten Spaziergang vom Ölberg über den Garten Gethsemane und die Via Dolorosa kennen. Nach einem leckeren orientalischen Mittagessen mitten im Shuk konnte man die Farben- und Duftpracht dieses berühmten Marktes auf eigene Faust entdecken und sein Verhandlungsgeschick bei den Einkäufen testen. Nach der quirligen Atmosphäre in der berühmten Grabeskirche gab uns die Klagemauer im Licht der untergehenden Sonne eine wunderbare Möglichkeit, den vielen Eindrücken des Tages nachzusinnen oder ins Gespräch mit Gott zu kommen.

Ein kaputter Beamer sorgte dafür, dass das abendliche Programm nicht wie geplant laufen konnte, dafür aber die sechs mitreisenden Kinder (im Alter von 4-11 Jahren) die anfängliche Zurückhaltung ablegten und sich mit viel Spaß kennen lernten. (Übrigens: Pünktlich zum Ende des Beisammenseins hatte ein junger 15-jähriger Tüftler den Beamer wieder in Gang gebracht …) Tag Nummer zwei war dem neuen Teil Jerusalems gewidmet: Knesset und Israel-Museum standen am Vormittag auf dem Programm. Dann teilte sich unsere 34-köpfige Reisegruppe auf. Während die meisten Erwachsenen die Gedenkstätte Yad Vashem besuchten und eine Mittagspause auf dem Obstmarkt machten, verbrachten die jüngeren Reiseteilnehmer den sonnig heißen Tag im Schatten der Bäume des biblischen Zoos. Wieder vereint brachte uns unser Busfahrer Iad nach Bethlehem. Ohne Schlangestehen konnten wir sofort die ungewöhnliche Schönheit der verwinkelten Geburtskirche bewundern. Zwei Momente werden unvergesslich bleiben: zum einen  das gemeinsam gesungene Weihnachtslied in der Geburtsgrotte Jesu; zum anderen – ungeplant – das christlich-arabische Brautpaar mit ihrer unglaublich schönen Hochzeitsgesellschaft, das sich soeben im katholischen Teil der Geburtskirche das Ja-Wort gegeben hatte.

Die judäische Wüste mit der Oase En Gedi, der Bergfestung Massada und den Höhlen von Qumran hinterließen bei uns am nächsten Tag einen tiefen Eindruck von diesem kargen Teil Israels unterhalb des Meeresspiegels. Natürlich durfte zum Abschluss ein Fotoshooting vom Bad im Toten Meer mit der obligatorischen Zeitung in der Hand nicht fehlen.

Und schon mussten wir uns am nächsten Morgen verabschieden von Jerusalem, einer Stadt, die jeden wirklich tief ergreift. Glücklicherweise konnte man beim letzten Spaziergang auf den Stadtmauern noch genügend Abschiedsblicke erhaschen. Dann ging es zügig los, denn wir mussten unser neues Domizil am See Genezareth, das Kibbuz-Hotel Nof Ginosar, rechtzeitig erreichen. Grund dafür waren die Vorbereitungen für den höchsten jüdischen Feiertag, den Fasten-und Versöhnungstag Jom Kippur, der zum Sonnenuntergang anbrechen würde und ein frühes Abendessen um 16:00 Uhr erforderte. Dennoch blieb auf dem Weg nach Galiläa Zeit für den Besuch der Taufstelle Jesu am Jordan und einem kurzen Mittagsstop in Jericho, der ältesten Stadt der Welt.

Zu unserer Überraschung fiel das Fasten-Frühstück am Jom-Kippur-Morgen mehr als üppig aus. Zwar auf Plastiktellern und mit Plastikbesteck – denn auch die Geschirrspülmaschinen standen an diesem Tag still – hatte man bis auf weich gekochte Eier alles, was das Herz begehrt. Doch es kam noch besser: Die Hotelleitung sah sich aufgrund des „kargen“ Frühstücks dazu verpflichtet, ein Mittagessen zu spendieren, das mit jedem kalten Buffet eines Fünf Sterne Hotels locker mithalten konnte. Somit bestand dieser Tag für alle aus leckerem Essen, Ausruhen und Baden im wunderbar warmen Wasser des See Genezareth.

Eine der wohl nachdenkenswertesten Aussagen der ganzen Reise war, dass das, was unsere Augen dort sehen, vor 2000 Jahren auch Jesu Augen gesehen haben. Und so sahen wir also am Tag sieben der Reise Kapernaum und ließen unseren Blick bei einer kleinen Wanderung in heißer Mittagssonne von der Kirche der Seligpreisungen zur Brotvermehrungskirche Tabgha und über den See Genezareth schweifen. Nach diesen Eindrücken servierte man uns bei „Ali“ fangfrischen Petersfisch vom Grill.  Und Shevi, unsere liebe und kompetente jüdische Reiseleiterin, tanzte während einer Bootsfahrt auf dem See Genezareth mit uns israelische Tänze.

Auch der nächste Tag hatte eine sehr persönliche Note. Nach dem Besuch der Künstlerstadt Safed, den Jordan-Quellen und einer Fahrt auf die Gohlanhöhen, durften wir bei selbst gemachten Plätzchen und Rosmarin-Tee Einblick in das Leben einer arabischen Familie gewinnen. Danach brach unser zweiter Shabbat  an – gleichzeitig auch der letzte Reise-Tag. Auf dem Programm standen Nazareth, der Berg Arbel und Magdala. Hier durften wir in der wunderschönen neuen Kirche einen gemeinsamen Abschluss-Gottesdienst feiern und Gott für die wunderbare Zeit danken! Viele Stationen bleiben bei diesem kleinen Reisebericht hier ungenannt. Doch jeder hat eigene Erinnerungen vor Augen und im Herzen. Und die Kinder konnten ihr liebevoll vorbereitetes Reisetagebuch mit vielen unvergesslichen Momenten füllen.

geschrieben von Dr. Rosemarie Schumann